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Trüffel in der Wüste?

Von Afrika über Lanzarote in die Alpen

Gemeint sind tatsächlich diese knollenförmigen Pilze, die so unglaublich teuer sind und jedes Gourmet-Herz höher schlagen lassen. Und wieder mal werde ich den Bogen von Lanzarote über Deutschland bis zu den Alpen spannen. Aber diesmal fange ich meine Geschichte in Afrika an…

 

Regenzeit in Namibia

In Namibia, wo ich vier Jahre gelebt habe, wird das Jahr nicht in Sommer und Winter unterteilt, sondern vielmehr in Regen- und Trocken-Zeit. Ich kann mich gut an die Monate erinnern, in denen ich nach der Arbeit in Windhoek, der Hauptstadt Namibias, so schnell wie möglich in das nächste Café gerannt bin, weil der Regen täglich meist um exakt dieselbe Uhrzeit einsetzte. Und wehe dem, der dann kein Dach über dem Kopf hatte. Ich habe später, in Europa, nie wieder so riesige Regentropfen gesehen. Sie schienen nicht zu fallen, sondern aus dem Himmel herauskatapultiert zu werden. Es tat richtig weh, wenn man sie doch mal abbekam. Aber ich hole mal wieder viel zu weit aus. 🙂

 

Der Termitenpilz hat ein großflächiges Wurzelgeflecht

In der Regenzeit, und zwar NUR in der Regenzeit, wurden hier und da bestimmte Pilze zum Kauf angeboten. Mich hat der Omajova- oder Termiten-Pilz immer sehr fasziniert, weil er nur direkt neben den riesigen Termitenhügeln zu finden ist. Damals wusste ich nicht, dass sowohl Termiten als auch Pilz von diesem Zusammenleben Vorteile haben, es sich also um eine Symbiose handelt. Dabei darfst du nicht vergessen, dass das, was wir als Pilz bezeichnen, nur der Fruchtkörper ist. Das eigentliche Wesen, wenn ich es mal so nennen darf, ist ein weit verzweigtes unterirdisches Wurzelgeflecht. Es ist auch dann noch präsent, wenn wir die oberirdischen Pilze schon längst gegessen haben und dort nichts mehr zu sehen ist.

 

Trüffel in der Wüste Namib

Die zweite Pilz-Sorte, die ich in Namibia zu schätzen gelernt habe, ist der Wüstentrüffel. Wie der Name nahelegt, findet man ihn nach dem Regen im Wüstensand der Namib. Eigentlich heißt er Kalaharitrüffel. Aber so nennt man ihn in Namibia natürlich nicht. Auch er geht eine Symbiose ein, nämlich mit der Kerzen- und der Hakendornakazie, weshalb man ihn in ihrer Nähe findet.

 

Unterschiedliche Zubereitung

Ich habe die mandarinengroßen Knollen am liebsten in fingerdicke Scheiben geschnitten und mit Zwiebeln wie Bratkartoffeln zubereitet. Einfach köstlich. Auch mit selbst gemachten Bandnudeln schmeckt es sehr lecker. Der Geschmack hat aber kaum etwas mit dem von “echten” Trüffeln zu tun. Er ist viel feiner und zarter. Ich persönlich mag ihn sogar lieber. In Afrika kann man zwei Trüffelsorten finden: den Kalahari-Trüffel (Terfezia pfeilii Hennings) und den Löwen-Trüffel (Terfezia leonis). Wenn du etwas mehr über das wundervolle Land Namibia sehen möchtest oder es dich sogar mal für einen Urlaub dorthin zieht, dann schau mal auf den Bwana-Blog (draufklicken). In dem selben Blog kannst du auch etwas über die Trüffel (drauf klicken) lesen.

Auch auf Lanzarote gibt es Wüstentrüffel

Viele Jahre nach meiner Namibia-Zeit entdeckte ich zu meiner großen Freude, dass es auf Lanzarote eine ganz ähnliche Delikatesse gibt: die sogenannten Papas Crias. Papas heißen auf Spanisch die ganz normalen Katoffeln. Und die Trüffel sehen tatsächlich auch so aus. Auch auf Lanzarote muss es erst mal heftig geregnet haben, bevor es Sinn macht auf die Suche zu gehen. Die Kanaren-Regenzeit findet zwischen Mitte Januar und Mitte März statt.

 

Das seltsame Verhalten der Pilzsammler

Wenn dann ein paar Sonnentage folgen, erkennt man am eigenartigen Verhalten der Einheimischen, dass die begehrten Pilze geerntet werden können. Mit Plastiktüten bewaffnet laufen sie scharenweise im Zick-Zack über die sandigen Ebenen, um sich hier und da mal zu bücken. Ein seltsames Schauspiel.
Stell dir bitte mal den deutschen Herbstwald nach einem Regentag vor. Mit Sicherheit ist er voller Pilzsammler. Und nun radiere einfach in deiner Vorstellung alle Bäume weg und ersetze den Waldboden durch Sand. So ähnlich sieht es zur Trüffelzeit in Lanzarote aus, nur dass die deutschen Sammler Körbchen statt Plastiktüten bei sich tragen. Nebenbei bemerkt kann ich absolut nicht nachvollziehen, warum sich Plastik auf den Kanaren nach wie vor so großer Beliebtheit erfreut. Aber das ist ein anderes Thema.

 

Der Pilz geht eine Symbiose mit dem Sonnenröschen ein

Genau wie die Pilze in Namibia gehen auch die Papas Crias auf Lanzarote eine Symbiose ein. Nämlich mit dem Kanarischen Sonnenröschen (Helianthemum canariense), das die Einheimischen liebevoll “la madre de papas crías” nennen, was soviel heißt wie “die Mutter der Wüstentrüffel” . Man muss zuerst diese hübsche gelbe Blume finden, um dann in ihrer Nähe nach sternförmig aufgebrochenem Boden zu suchen. Dort kann man mit bloßen Fingern oder mit einem Löffel die Knollen ans Tageslicht holen. Meist sind sie nicht viel größer als Tischtennisbälle, aber in der lokalen Presse werden immer mal wieder Fotos von Exemplaren veröffentlicht, die die Größe einer Männerfaust haben.

 

Eine Symbiose ist eine win-win-Gemeinschaft

Ein paar Worte zu dem Begriff  “Symbiose“:  Der Pilz macht für die Pflanze das Wasser leichter verfügbar, was gerade in Wüsten und Steppen existenziell sein kann. Außerdem versorgt er die Pflanze mit einigen Nährstoffen, wie Phosphor und Stickstoff. Die Pflanze dagegen kann, im Gegensatz zum Pilz, Fotosynthese betreiben. Sie bietet ihm, sozusagen im Tausch, die auf diesem Wege aufgebauten Kohlenhydrate an, wie Glycose, also Zucker. Es handelt sich um eine echte win-win-Situation, in der beide Seiten Vorteile haben. Die spezielle Symbiose zwischen Pilzen und Pflanzen (es gibt auch andere) nennt man Mykorrhiza .

 

Auf Lanzarote: mit Gambas und Knoblauch

Auf Lanzarote werden die Trüffel unbedingt mit Knoblauch zubereitet. Außer mir scheint es niemanden zu stören, dass man dann das zarte Aroma des Pilzes praktisch nicht mehr wahrnehmen kann. Oft kommen auch noch Gambas oder Schinken dazu. Nun ja, ich bleibe lieber bei meiner simplen “Namibia-Bratkartoffel-Version”, die meiner Meinung nach den Eigengeschmack der Papas Crias am besten zur Geltung bringt. Auch roh, nur mit ganz wenig Salz, schmecken sie köstlich.

 

Trüffelschweine in Deutschland

Dann lass uns jetzt mal nach Deutschland schauen. Hier finden wir tatsächlich die “richtigen” Trüffel. Früher hat man sie mit Schweinen gesucht. Das hat deshalb so gut funktioniert, weil der Geruch der Trüffel dem der Sexual-Lockdüfte der Schweine sehr nahe kommt und daher jeden potenten Eber herbeilockt.

 

Hunde werden für die Trüffelsuche ausgebildet

Heute werden meist Hunde zu Trüffelsuchern ausgebildet. Ich nehme an, dass sie sich leichter kontrollieren lassen als Schweine. Um gute Trüffelhunde groß zu ziehen, reiben die Züchter oft die Zitzen der säugenden Hündin mit frischen Trüffeln ein, um bei den Welpen den Geruch des Pilzes für immer mit dem Gefühl der Glückseeligkeit zu verknüpfen. Natürlich kommt später auch noch ein spezielles Training dazu.

 

Auch Katzen helfen bei der Suche

Es gibt sogar Katzen, die bei der Trüffelsuche helfen. Der Trüffel-Kenner Ingo Fritsch aus der Nähe von Kiel hat extra für diesen Zweck einen Wurf kleiner Kätzchen mit Trüffel-Milch großgezogen. Der Glückseeligkeits-Trick der Hunde hat auch hier funktioniert und die ausgewachsenen Katzen zeigen heute zielsicher an, wo die Pilze zu finden sind.

Eine Fliegensorte verrät den Pilz

Auch ohne Schwein oder Hund können Trüffel gefunden werden. Eine besondere Fliegen-Art legt ihre Eier gerne in der Nähe von Trüffeln ab. Wenn man einen Fliegenschwarm dieser Sorte nahe eines Trüffel-Symbiose-Baumes   herumschwirren sieht, lässt sich vermuten, dass sie dort Eier gelegt haben und dass sich mööööglicherweise dort auch Trüffel befinden.

 

Jeder Trüffel braucht einen spezifischen Baum

Witzigerweise gehen die verschiedenen Trüffelsorten mit ganz unterschiedlichen Bäumen Symbiosen ein. So wird man den Wintertrüffel (tuber brumale), immer nur unter Eichen und Nussbäumen finden. Der Weiße Alba-Trüffel dagegen, die “Königin unter den Trüffeln”, hat, wenn er unter Weiden oder Pappeln wächst, fast weißes Innenfleisch. Wächst er aber unter einer Eiche, ist er eher hellbraun und unter Linden kann er intensiv rosa werden. Diese Trüffelsorte isst man übrigens roh. Andere, wie z.B. der Mäandertrüffel, sind roh sogar giftig!

 

Man kann Trüffel im eigenen Garten anbauen

Und jetzt wird es spannend: Es gibt sogenannte Trüffel-Baumschulen, Dort kann man Bäume kaufen, die schon mit den entsprechenden Trüffeln “geimpft” worden sind. So kann man im eigenen Garten Trüffel anbauen. Allerdings dauert es mindestens drei Jahre, bis man die erste Ernte einholen kann. Meist sogar eher fünf bis sechs. 🙁
Übrigens ist Trüffel-Suchen (und -Finden) nur im eigenen Garten erlaubt und wird ansonsten hart bestraft, da die Pilze streng unter Naturschutz stehen. Ein Grund mehr, sich so ein Bäumchen zuzulegen.

 

Trüffel wachsen auch in steilen Bergwäldern

Und wie sieht es Richtung Alm aus? Von den über 240 verschiedenen Trüffelsorten wachsen etwa 50 in Italien. Hauptsächlich findet man sie im Piemont im Norden, aber auch in der Emilia Romagna, in der Toscana und am Gardasee. Insbesondere der schwarze Wintertrüffel (Tuber Brumale Vittadini) ist in fast ganz Italien zu finden. Das liegt vielleicht daran, dass er sowohl kalkigen als auch lehmigen Boden toleriert und (im Gegensatz zu anderen Trüffelsorten) auch feuchte und schattige Standorte mag. Er geht gerne mit verschiedenen Eichen eine Symbiose ein, aber auch mit Buchen, Linden, Haselnüssen, Schwarzkiefern und Zirben. Auch den hocharomatischen Tuber melanosporum findet man in Italien, manchmal sogar mit dem Wintertrüffel gemeinsam unter dem selben Baum. Sie wachsen gerne in steilen, wilden und naturbelassenen Bergwäldern in 1800 – 2600 m Höhe. Wer weiß, vielleicht auch auf der Seiser Alm. Darüber habe ich leider bis jetzt noch keine Informationen gefunden.

 

Symbiose zwischen Alpen-Sonnenröschen und Trüffel?

Was ich aber auf der Seiser Alm schon gesehen habe sind Alpen-Sonnenröschen. Du erinnerst dich? Auf Lanzarote gehen die Papas Crias eine Symbiose mit dem kanarischen Sonnenröschen ein. Vielleicht gibt es auf der Seiser Alm auch einen Trüffel, der sich mit dem Alpen-Sonnenröschen gut versteht? Auch darüber habe ich nichts im Internet finden können, aber wer weiß….. Auf jeden Fall schließt sich für mich bei diesem Gedanken der Kreis mal wieder.

🙂

Jetzt hast du bestimmt Lust bekommen, selber auf Trüffelsuche zu gehen. Deshalb wiederhole ich vorsichtshalber nochmal:

Trüffel stehen unter Naturschutz.

Es ist streng verboten sie in freier Natur zu ernten. 

Und das ist auch gut so. Aber du kannst zur Regenzeit Urlaub auf Lanzarote oder in Namibia machen. Dort scheinen diese Gesetze (leider) nicht zu gelten. Oder besser: Du holst dir dein eigenes Trüffelbäumchen in den Garten. Oder, sowieso und überhaupt: Du erfreust dich einfach an deinem Wissen und lässt dieses deine Fantasie beflügeln.

🙂

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Dieser Beitrag hat 4 Kommentare

  1. Inge Auer

    Liebe Anni, du hast wieder so wundervoll berichtet. Sag, mal, kannst du nicht alle deine Berichte in einem Buch schreiben???? Ich würde es garantiert kaufen. Alles, alles gute und einen abrazo fuerte donde quiera que estés.
    Inge

    1. Anni

      Liebe Inge, ich freue mich immer sehr über deine Kommentare. 🙂 Tatsächlich habe ich in letzter Zeit sogar darüber nachgedacht, ein Buch aus den Artikeln zu machen. Schön, dass du das sagst, denn ich bin mir noch recht unsicher. Ich habe keine Erfahrung mit solchen Dingen und es nimmt sehr viel Zeit in Anspruch. Ich schreibe auch Kurzgeschichten. Vielleicht sollte ich die zuerst drucken. Momentan habe ich noch “andere Igel zu kämmen”. Mal sehn, wie der Wind sich dreht…..

  2. Zantow, Jörg

    Super interessanter Artikel , sehr anregend und mit viel Verständnis für die Natur. Der Mensch sollte die Dinge der Natur viel bewusster sehen und sich als ein kleiner Teil der Natur sehen und nicht weiter in dem Maße zerstören. Mach weiter so liebe Anni und viele Grüße aus der Löwenstadt Braunschweig von mir….war beruflich bedingt in letzter Zeit nicht im Netz aktiv.

    1. Anni

      Danke Jörg. Es würde mich freuen, wenn der Artikel dem einen oder anderen hilft, die Natur noch bewusster wahrzunehmen. Manchmal geht es mit ein wenig Hintergrund-Wissen leichter. Es schürt die Neugier und aus dem Staunen kann Behutsamkeit entstehen.

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